Die Geschichte der Insel Amrum

Vor- und Frühgeschichte
Die ältesten Besiedlungsspuren sind Großsteingräber wie das Hünenbett von Nebel. Sie stammen aus der Jungsteinzeit. Aus der Bronze- und Eisenzeit sind zahlreiche Grabhügel vorhanden, etwa der Esenhugh bei Steenodde. Im Dünengebiet westlich der Vogelkoje befinden sich Reste eines eisenzeitlichen Dorfes. Ob die Ambronen, die gemeinsam mit Kimbern und Teutonen um 100 v. Chr. Rom bedrohten, aus der Gegend der damals noch mit dem Festland verbundenen Insel stammten, ist umstritten.
Relikte aus der Wikingerzeit wie Wohn- und Feuerstätten wurden an mehreren Stellen freigelegt. Eine Burg aus dieser Zeit wird auf dem östlich von Norddorf gelegenen Hügel Borag (deutsch: „Burg“) vermutet. Der Krümwal, ein etwa eineinhalb Kilometer langer Erdwall zwischen Nebel und Steenodde, stammt vermutlich ebenfalls aus dieser Zeit.

Mittelalter und Neuzeit bis etwa 1890
Im frühen Mittelalter wurde die Insel von den Friesen, die von der Rheinmündung hierher kamen, besiedelt. Im Mittelalter gehörte Amrum zu den so genannten Uthlanden, die erst allmählich unter die Herrschaft des dänischen Königs bzw. des Schleswiger Herzogs kamen. Das Erdbuch des dänischen Königs Waldemar aus dem Jahr 1231 nennt die zwei Föhrer Harden Føør voestæ (Westerharde) mit Ambrum sowie Føør østær (Osterland Föhr), wobei Amrum zur Westerharde gehörte. Amrum wird im Erdbuch als ambrum, hus, ha, co. aufgeführt, es gab dort demnach Häuser, Hasen und Kaninchen. Nach den Konflikten um das Herzogtum Schleswig zwischen den dänischen Königen und den Grafen von Schauenburg und Holstein waren die Westerharde und Listland Enklaven des dänischen Königreichs und gehörten – anders als die übrigen Nachbargebiete – nicht zum Herzogtum Schleswig. Dieser Zustand hielt bis 1864 an, unterbrochen 1460 bis 1484 durch die Verpfändung der Harde an den Schleswiger Bischof Nikolaus IV. und 1661 bis 1677 oder 1683 durch den Verkauf der Harde an Graf Hans von Schack.
Amrum wurde von mehreren Ratsmännern in der Harde vertreten. Sie wurden 1697 durch „Gangfersmänner“ ersetzt, die unter anderem die Steuern eintrieben. Zugleich wurde die Harde zur Birk umgewandelt, die von einem Birkvogt geführt wurde, der auf Föhr lebte. Die Staatsmacht war meist nur mit wenigen Personen oder gar nicht in der Harde vertreten, so dass die Bewohner bis auf die Steuerzahlungen unabhängig blieben. Sie hatten zusätzliche Privilegien; so brauchten sie etwa ab 1735 „auf ewige Zeiten“ keinen Militärdienst zu leisten.
Neben der Salzsiederei, der Landwirtschaft und dem Fischfang gehörte die Seefahrt zu den Haupterwerbszweigen. Amrumer Seeleute, darunter viele Kapitäne, waren besonders zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert im Walfang und der Handelsschifffahrt tätig.
Der Amrumer Seefahrer Hark Olufs, der 1724 in die algerische Sklaverei geraten war, stieg dort zum General auf, ehe er 1736 auf die Insel zurückkehrte. Im 18. und 19. Jahrhundert war das Bergen gestrandeter Schiffe eine wichtige Einnahmequelle der Insel. Erst mit dem Bau von Leuchttürmen ab 1875 und der Anwendung modernerer Navigationstechniken nahm die Zahl der Strandungen auf der Amrumer Westseite stark ab. Am Ende des 19. Jahrhunderts nahm der Fremdenverkehr raschen Aufschwung und veränderte die wirtschaftliche Struktur auf der Insel nachhaltig.
Nach dem Krieg von 1864 wurde Amrum, wie ganz Schleswig, von Österreich und Preußen gemeinsam regiert. Dann fiel Amrum an Preußen und wurde 1867 Teil der preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Zunächst bildete die Insel eine einheitliche Gemeinde im Kreis Tondern.
Insbesondere nach 1864 wanderte mehr als ein Viertel der Amrumer Bevölkerung aus, zum überwiegenden Teil in die USA. Die Verbindungen zwischen Amrum und den USA werden heute noch gut gepflegt.

Vom Beginn des Badebetriebs bis heute
Am 1. September 1885 richtete der Architekt Ludolf Schulze aus Waldhausen bei Hannover ein Gesuch an die Gemeindevertreter der Insel mit der Bitte um die Badekonzession für den Aufbau eines Badeortes an der Südspitze Wittdün. Das Gesuch wurde zwar abgelehnt, aber die Idee eines Seebades war geboren. So ergriffen der Amrumer Volkert Quedens und der Helgoländer Paul Jansen Köhn die Initiative und errichteten ab 1889 die ersten Hotels. 1891 kam Heinrich Andresen auf die Insel. Er gründete eine Aktiengesellschaft, kaufte Quedens und Köhn die Hotels und Konzession ab und erbaute ein großes „Kurhaus“ an der Südspitze von Wittdün und den „Kaiserhof“, die beide bereits 1892 eröffnet werden konnten. Anders als in vielen anderen Seebädern konnten auch größere Schiffe anlegen. Ab 1893 verkehrte die Amrumer Inselbahn.
In Norddorf war es Pastor Friedrich von Bodelschwingh, der als Bauherr auftrat. Er erhielt 1890 eine Genehmigung für den Bau einer Anlage, die schließlich aus mehreren Seehospizen bestand. Betrieben wurden sie von der Diakonissenanstalt Sarepta. Während Bodelschwingh ein christlich geprägtes Seebad anstrebte, gab es auch weltliche Bestrebungen in Norddorf, in den Erholungsbetrieb einzusteigen, unter anderem durch den Hotelier Heinrich Hüttmann.
Am 13. Oktober 1912 wurde aus dem südlichen Teil der Insel die Gemeinde Wittdün und am 25. Juli 1925 aus dem nördlichen Teil die Gemeinde Norddorf. Die Restgemeinde benannte sich am 23. Februar 1926 in Nebel um.
Bei der Volksabstimmung 1920 über die staatliche Zugehörigkeit ergab sich eine klare Mehrheit für Deutschland, während ein großer Teil des Kreises Tondern zu Dänemark kam.
Ab den 1950er Jahren kam es zu einer umfangreichen Bautätigkeit, besonders im Westen Nebels und Süddorfs. In der Sturmflut 1962 brachen die Deiche bei Norddorf und Steenodde, so dass beide Amrumer Marschgebiete überflutet wurden.
Die Amrumer leben heute ausschließlich vom Fremdenverkehr. Waren es anfangs Pensionen mit einfachen Zimmern oder Hotels im Bäderstil, so sind ab den 1970er Jahren immer mehr Ferienwohnungen entstanden. Die „Seehospize“ existieren schon lange nicht mehr und werden heute von der AOK-Nordseeklinik für Mutter-Kind-Kuren betrieben. Durch hohe Immobilienpreise findet, wie auf Sylt, ein schleichender Ausverkauf der Insel statt.

Sprache und Kultur
Auf Amrum wird heute vor allem Hochdeutsch gesprochen. Den Öömrang genannten Inseldialekt der Nordfriesischen Sprache beherrscht noch rund ein Drittel der Einwohner. Diese rund 800 Amrumer sind generell mehrsprachig. Die nordfriesischen Dialekte unterscheiden sich sehr stark. Das Öömrang ist dem Föhrer Friesisch noch recht ähnlich, aber selbst für Sprecher des zum selben Dialektzweig gehörenden Sylter Dialekts ist es bereits schwer zu verstehen. Viele Amrumer beherrschen auch Niederdeutsch, da dies die Sprache der küstennahen Seefahrer war. Dänisch wird nur von wenigen Amrumern gesprochen.

Die Amrumer Tracht hat die Farben schwarz und weiß und ist mit wertvollem Silberschmuck reich verziert. Sie wird von jungen Mädchen und Frauen vor allem zur Konfirmation und zu touristischen Anlässen getragen. Siehe auch: Trachten der Inseln Föhr und Amrum und der Halligen
Auf Amrum gibt es mehrere eigentümliche Bräuche. Am 21. Februar (Öömrang: Piadersinj, deutsch etwa: Petersabend) wird Biakin gefeiert. Dabei wird ein großes Feuer entzündet, um den Winter auszutreiben. Menschen schwärzen einander mit Ruß die Gesichter. Der Tag beruht auf dem alten Feiertag Petri Stuhlfeier (Öömrang: Piadersdai), der ursprünglich am 22. Februar begangen wurde und auch in anderen nordfriesischen Gemeinden gefeiert wird.
Am Altjahrsabend findet das Hulken statt, bei dem Gruppen von meist jungen, fantasievoll verkleideten Amrumern von Haus zu Haus laufen und ihre Identität erraten lassen.